Mein Strand. Mein Haus. Mein Esel.

21 06 2011
Nachdem wir Oahu verließen und uns gen Molokai aufmachten, wussten wir, dass es eine andere Welt ist. Was uns dann genau erwartete, war überwältigend. Molokai ist wirklich ein vom Tourismus relativ unerreichtes Paradies und die ursprünglichste der hawaiianischen Inseln. Die wenigen Menschen, die hier wohnen, leben sehr im Geiste des „Aloha-Feelings“, sind freundlich, zuvorkommend und ziemlich entspannt.
Wir fuhren dann auf der einzigen Hauptstraße vom Flughafen Richtung Westen nach Kaluakoi, wo wir in unser Appartment einzogen. Die Fahrt dorthin war schon malerisch und vermittelt vielleicht ein bisschen einen Eindruck der Abgelegenheit der Insel.
Hauptstraße - Auf dem Weg ins Condo

Unsere Straßen auf dem Weg ins Condo

Da Molokai ziemlich unberührt ist, mussten wir für alltägliche Dinge auch ganz schöne Distanzen zurücklegen. Der nächste Supermarkt war ungefähr 20 Meilen entfernt, genau wie der nächste Geldautomat oder die einzige (!) Tankstelle der Insel. Bei all diesen Erledigungen war uns unser Auto ein treuer Gefährte und es machte wirklich Spaß, über die Insel zu fahren oder eher zu schleichen. Höchstgeschwindigkeit überall nämlich maximal 70 Stundenkilometer. Dieses Limit sollte man auch einhalten, da es für die Polizei nicht viel anderes zu tun gibt als Tickets zu verteilen. Ich hätte eins verdient gehabt, als ich in der „Stadt“ auf einmal auf der falschen Straßenseite fuhr, als ich in Gedanken war. Ein Rudiment aus meinen Zeiten als australischer Trucker, gewöhnt an den Linksverkehr.

Unser Auto

Unser Auto

Wir kamen also schließlich an und zogen ein. Wir hatten ein tolles Appartment und vor allem einen netten Blick von unserer kleinen Terrasse aus.

Unser Blick von der Terrasse

Unser Blick von der Terrasse

Wir verbrachten ziemlich viel Zeit in unserer Condo-Anlage, die relativ verlassen war und nicht zu gut besucht. Für mich unverständlich, weil eigentlich alles traumhaft war und nicht zu teuer. Besonders atemberaubend war unser Strand, ungefähr eine Minute zu Fuß von unserem Zuhause entfernt. Super sauberes Wasser und toller Sand. Meistens waren wir dort die einzigen Leute am ganzen Strand.

Unser einsamer Privatstrand

Unser einsamer Privatstrand

Allgemein hat mich die Natur auf Molokai, besonders auch in unserer direkten Umgebung ziemlich beeindruckt. Es ist unberührt und wunderschön. Dazu noch spektakulär – auf der Nordseite der Insel kann man die höchsten Seeklippen der Welt bestaunen. Aber eigentlich der ganze Küstenstreifen ist einzigartig, geprägt von dem vulkanischen Ursprung der Insel, was man am einfachsten am schwarzen Gestein erkennen kann.

Unser Küstenblick

Unser Küstenblick

Ich habe das Nichtstun und die Ruhe auf Molokai richtig genossen. Ich fand die Routine gut, einfach so lange zu schlafen, wie man will, ohne für irgendwelche Touri-Touren aufzustehen; mal den Tag vor der Glotze zu sitzen und einfach mal so etwas wie einen geregelten Alltag haben. Die letzten 4 Monate waren doch ziemlich anstrengend und irgendwann ist man nicht wirklich mehr aufnahmefähig und man wird den Orten, die man besucht, nicht mehr wirklich gerecht. Dieses Phänomen wird übrigens auch „Reise-Burnout“ genannt. Deswegen kam diese Zeit hier genau richtig. Morgens frühstücken, Badehose an, zum Pool schlendern und erstmal ein kühles Bad zum Aufwachen. Genau mein Geschmack.

Morgendliches Bad zum Aufwachen im Pool mit Meerblick

Unser morgendliches Bad zum Aufwachen im Pool mit Meerblick

Wenn uns der Sinn mal nach Abenteuer stand, reichte es im Grunde auch schon, einfach zum Strand runterzugehen. Stand der Wind günstig, brachen sich meterhohe Wellen direkt am Strand und man musste echt ein bisschen aufpassen, nicht ständig von den Füßen gerissen zu werden. Die Kraft des Wassers war einfach unglaublich und ich hatte großen Spaß. Und wie gesagt – wir waren die einzigen Leute am Strand, was das ganze noch besser machte. Nur unsere Fußspuren im Sand, man hatte schon fast das Gefühl, das alles würde uns gehören.

Wir verbrachten also viel Zeit einfach dort. Badeten mit den Wellen, entspannten dann ein bisschen in ruhigeren Gewässern, bevor wir uns dann wieder in die Wellen stürzten. Man kann locker einen ganzen Tag am Strand verbringen. Macht man dies, bekommt man zur Belohnung dann noch einen atemberaubenden Sonnenuntergang geboten.

Meterhohe Wellen direkt am Strand

Unsere Wellen

Der Mann und das Meer

Unser Meer

Unsere Bank

Unsere Bank

Unser Dialog mit Poseidon

Unser Dialog mit Poseidon

Unsere Entspannung

Unsere Entspannung

Unser Sonnenuntergang

Unser Sonnenuntergang

Ab und zu mussten wir dann aber doch mal raus und natürlich wollten wir auch die Insel erkunden, wenn wir schon einmal da sind. Im äußersten Osten der Insel, der nur mit dem Auto zu erreichen ist und das nur über eine ziemlich verrückte Straße, die sich äußerst schmal und kurvig direkt an der Klippe einspurig für beide Verkehrsrichtungen über mehrere Meilen erstreckt. Hat man diese Herausforderung hinter sich gebracht, befindet man sich im Halawa Valley und hat einen tollen Blick auf die Halawa Falls. Einem der ursprünglichsten Orte Hawaiis.

Unser Ausflug ins Grüne

Unser Ausflug ins Grüne

Am vorletzten Tag unserer Zeit auf Molokai machten wir dann doch noch eine richtige Tour. Diese hat sich aber wirklich gelohnt und war außergewöhnlich in allen Belangen. Sie führte uns nach Kalaupapa, einer Halbinsel im Norden Molokais. Zu erreichen ist dieser Ort noch heute nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Erlaubnis der Einwohner über einen anspruchsvollen Trek, den man entweder zu Fuß oder (so machten wir es) per Esel zurücklegen kann. Wir buchten eine Woche im Voraus, damit alles geklärt werden konnte und hatten wirklich Glück, diesen Ort besuchen zu dürfen, der für mich einer der schönsten ist, den ich bisher auf meiner Reise gesehen habe. Man hatte vom Trek nach unten einen atemberaubenden Blick auf die Klippen und das Meer.

Unser Ausritt

Unser Ausritt

Wie schon erwähnt war es ein ziemlich steiler Weg und es man hoffte immer, die Esel würden nicht plötzlich durchdrehen und über die Klippe springen. Man weiß ja nie, was in sonem Eselskopf vorgeht. Aber unsere Esel machten einen echt guten Job und brachten uns sicher hin und auch wieder zurück.

Unser Weg nach unten

Unser Weg nach unten

Kalaupapa war früher gefürchtet und berüchtigt als Lepra-Kolonie. Menschen mit dieser Krankheit, die von den weißen Eroberern (genau wie zahlreiche Geschlechtskrankheiten) eingeschleppt wurde, wurden von den verschiedenen hawaiianischen Inseln an diesen abgelegenen Ort deportiert, damit sie keine Gefahr für die anderen Einwohner darstellen konnten. Natürlich missverstanden die Menschen die Krankheit völlig und wussten sich nicht anders zu helfen, als die  von der Krankheit Gezeichneten ohne große Vorwarnung auf Schiffe zu treiben und an der Küste von Bord zu werfen. Tatsächlich wurden die sowieso schon schwachen Menschen in vielen Fällen einfach über Bord geworfen und viele starben, da die Strömung unberechenbar und die Wellen riesig sind.

Unser Blick auf Kalaupapa

Unser Blick auf Kalaupapa

Wir kamen also schließlich unten an, nach einem ungefähr 2-stündigen Eselsritt. Sina ritt auf Lokelani, was so viel heißt wie „himmlische Rose“, ich ritt auf Koa – „Krieger“. Angemessene Namen für solch stolze Rösser.

Unser edler Gefährte

Unser edler Gefährte

Ganze Familien wurden auf schreckliche Weise auseinandergerissen und somit hat Kalaupapa eine ziemlich traurige Geschichte. Noch heute leben 11 Patienten in der Kolonie. Die Krankheit ist aber seit Jahrzehnten durch Medikation inaktiviert und man kann sich nicht mehr anstecken. Trotzdem sind die Patienten gezeichnet von ihrem Leid und es ist ein außergewöhnliches Erlebnis, sie zu treffen. Wir trafen eine Patientin, die heute die Bar Kalaupapas führt und einen Patienten, der im Buchladen arbeitet. Beides tolle Menschen.

Heute machen in Kalaupapa die Lepra-Patienten die Regeln. Einige dieser Regeln sind ziemlich seltsam auf den ersten Blick und sie tragen dazu bei, dass man sich wirklich wie in einer vergessenen, verbotenen Welt fühlt. So sind die streunenden Katzen wie Babys für die jetzt im hohen Alter befindlichen Patienten. Krümmte man einer Katze ein Haar, hätte man ein echtes Problem. Zudem sind keine Besucher unter 16 Jahren berechtigt, nach Kalaupapa zu kommen. Auch noch während die Kolonie „aktiv“ war, wurden unter 16-jährige (z.B. Neugeborene) aus mehreren Gründen von der Halbinsel gebracht. Erstens sollte sich die Krankheit natürlich nicht verbreiten und zweitens fühlten sich die Patienten oft angegriffen und Kinder und Jugendliche machten sich über die Deformierungen, unter denen sie leiden, lustig. Eine weitere Regel ist, dass nur Patienten Strandhäuser besitzen dürfen. Es gibt unzählige von diesen Privilegien.

Unser Aufenthalt in der Kolonie

Unser Aufenthalt in der Kolonie

Grund dafür ist, dass sich der Staat Hawaii natürlich in gewisser Weise „entschuldigen“ will und den noch lebenden Patienten ihr leben so angenehm wie möglich machen will. Tatsächlich führen die Einwohner heute ein relativ normales, angenehmes Leben. Für diese Privilegien zahlten die Patienten einen außergewöhnlich hohen Preis, keine Frage. Lepra, oder auch „Hansen’s disease“, ist erbarmungslos und grausam. Besonders als es noch keine Behandlung gab. Den Betroffenen war jeglicher körperlicher Kontakt zu ihren Verwandten verboten, sie wurden an einen abgelegenen Ort deportiert und von der Gesellschaft ausgegrenzt.

Nur wenige, außergewöhnliche Menschen halfen den Kranken Kalaupapas. Father Damien, der 1873 in Kalaupapa ankam, war der wohl engagierteste. Er opferte sich für die Patienten auf, gab ihnen den Glauben an Gott zurück und versuchte mit seiner Nächstenliebe den Menschen ein wenig zu helfen. Letztendlich bezahlte er dafür mit seinem Leben, als er mit 48 Jahren selbst an Lepra starb. Für sein beeindruckendes und selbstloses Leben wurde er von Papst Benedikt XVI 2009 selig gesprochen. Im Zuge der Seligsprechung wurde sein Körper exhumiert und zurück in seine Heimat Belgien gebracht. Heute ist seine rechte Hand in Kalaupapa begraben.

Die Einwohner Kalaupapas sind tief religiös und halten das Erbe Father Damiens immer noch hoch und ich respektiere das wirklich mit vollem Herzen. Angesichts eines solchen Ortes wird man echt demütig und ich schätze mich glücklich, dort gewesen zu sein. Es gibt noch so viel über Kalaupapa zu erzählen, es gibt tausende Sonderbarkeiten, aber das würde jetzt den Rahmen sprengen.

Unser Respekt und unsere Demut

Unser Respekt und unsere Demut

Sina und ich sind vorgestern gut auf Maui angekommen und haben uns einiges vorgenommen für unsere Zeit hier. Ich hab auch wieder Kraft und Lust dazu. Ich werde dann berichten!



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7 Antworten zu “Mein Strand. Mein Haus. Mein Esel.”

  • Kirsten sagt:

    Hey, Ihr Beiden
    vielen Dank Leon für diesen wunderbaren Eintrag, für super tolle Bilder und einfach für Alles. Man kann echt neidisch werden. Sieht ja alles super toll aus. Vielen Dank auch noch einmal für den Anruf, hab mich super gefreut. Heute hat Aili angerufen und läßt Euch ganz herzlich grüßen. Chemo hat auch geklappt. Alles ist Gut. Ganz dicken Kuß und Gruß Kille

  • Fee sagt:

    hallo ihr beiden mäuse,
    ich komme gerade von einem anstrengenden (nein… ich muss mich verbessern…) sehr anstrengenden primark-shopping-tag nach hause und hatte durch euren bericht noch eine sehr gute abend-lektüre. ein wirklich interessanter bericht. ich freue mich für euch, dass ihr so eine schöne zeit habt. lustigerweise habe ich gestern von euch geträumt. ich weiß nur noch, dass wir lecker zusammen essen waren. mal sehen, was heute für träume für mich vorgesehen sind. 🙂 ich bin hundemüde… ich denke an euch – küsschen aus kiel! :*

  • doris rauprich sagt:

    hallo ihr beiden weltenbummler,
    ich schicke euch aus der kühlen und z. zt. verregneten heimat viele
    grüsse ins sonnige hawaii. mama finn und ich waren am vorigen wochen-
    ende mal wieder fischen.
    Ausbeute … 3 schöne forellen.
    fee hat meine brieftasche wieder gefunden, die seit ein paar tagen
    unauffindbar war. ich dachte, ich hätte sie in dänemark verloren.
    brain ist ein genie was das betrifft.
    so, habt weiterhin viel spass und freude
    es güsst euch euer sherlock.

  • doris rauprich sagt:

    …wenn man diese Bilder sieht….eigenes Appartement, eigenes Auto, eigener Strand und eigener Esel…glaubt euch keiner mehr, dass ihr arme Rucksacktouristen seid, und das du, Leon wochenlang nur Instant Nudeln gegessen hast !
    Echte Glückspilze seid ihr !!!
    Habt noch ne tolle gemeinsame Zeit und genießt jeden Augenblick !

    Viele liebe Grüße
    Mama

  • Ulli Mahler sagt:

    Hallo ihr beiden,
    wirklich äußerst beeindruckende Bilder und Erlebnisse. Ich will auch da hin. Heute kam mit der Post der „Important Visitor Suvrey“ von der Tourism Authorithy. Ich denke, dass euer Trip nicht „poor“ war, sondern sicher „above average“ oder gar „excellent“ . Viel Spaß auf Maui und meldet euch mal wieder

  • Morgaine sagt:

    Oh wie schön. Ich glaube ich habe damals sogar im selben Bett wie ihr geschlafen;)-zumindest in den selben Appartements…
    und ich war in diesen Wellen…
    Achja.
    Ich freue mich für euch, das ihr beiden das zusammen erleben könnt.
    Dicker Kuss!

  • Nick sagt:

    Meine Stadt. Mein Bezirk. Mein Viertel. Meine Gegend. Meine Straße. Mein Zuhause. Mein Blog
    Mein Strand. Mein Haus. Mein Esel. Meine Welt reicht vom 1. bis zum 16. Stock.
    Leon deine Berichte versüßen mir jedesmal den Tag das wollte ich schon immer mal loswerden. Genieß die Zeit noch, allzu lange bist du ja nicht mehr weg!
    Hau rein;)
    Nick

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