The Cityview…

14 04 2011

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…oder die Geschichte, warum ich mir in einem Sternehotel ein Bett mit einem Italiener teile.

Hong Kong. Nachdem ich die letzten Tage in Südostasien damit verbracht habe, mich von meinen liebgewonnenen Reisepartnern zu verabschieden, zog es mich, mehr oder weniger spontan, nach Hongkong. Von der kambodschanischen Grenze aus ging es direkt zum Flughafen in Bangkok, da ich noch mein Flugticket nach Tokio umbuchen musste. Ich entschied mich einfach für den nächsten Flug, den ich bekommen konnte (nach einer unfreiwilligen Zwischenübernachtung in der City) und landete schlussendlich doch sicher hier. Die Zeit, die ich hier verbringe, unterscheidet sich schon ziemlich von dem, was ich bisher gemacht habe. Es ist eben Großstadtleben. Ich habe wenig Zeit, deswegen fasse ich nur kurz zusammen, was ich bisher gemacht habe.

Am ersten Tag suchte ich mir ein Hostel. Ich wurde auch prompt fündig: In der Chung King Mansion nahe des Victoria Harbours bot man mir eine sensationelle Fünf-Quadratmeter-Zellle (keine Übertreibung, sondern Tatsache. Zimmer hier sind winzig) ohne Fenster und funktionierende Klospülung für 200 Hongkong-Dollar an (umgerechnet ca. 17€). Ich schlug prompt zu und bekam für die nächsten drei Nächte sogar noch ein billigeres (und noch kleineres) Zimmer für 150 HKD.
Ich spazierte zum Pier und bewunderte die Skyline der Stadt, die wirklich über alles erhaben ist. Es ist ein unwirkliches Gefühl, das einen ergreift, wenn man auf die gegenüberliegende Seite des Hafens schaut. Ich setzte mich also einfach und hörte Musik.

Victoria Harbour

Victoria Harbour

Als die Nacht anbrach, ging ich noch schnell etwas essen. Hier lernte ich Lupo kennen, einen jungen Radiologen aus Rom, der zufällig am gleichen Tag hier ankam und nach einem kurzen Gespräch entschlossen wir uns, gemeinsam Unternehmungen in der Stadt zu machen.
Am zweiten Tag fuhren wir mit der sogenannten „Peak-Tram“ zu einem der schönsten Aussichtspunkte Hong Kong Islands (siehe erstes Foto). Da wir gegen 17 Uhr ankamen, konnten wir die Stadt sowohl bei Tageslicht, bei Sonnenuntergang und bei Nacht bewundern. Den Rückweg zu unserer Insel bestritten wir zu Fuß entlang eines schönen Wanderwegs. Auch zu meiner Überraschung ist Hong Kong nämlich ein echtes Wanderparadies. 60 Prozent der Landfläche des Staates sind von Wald bewachsene Berge, an denen unzählige Wanderwege angelegt wurden.
Am nächsten Tag entschlossen wir uns deswegen – nach einem kurzen Strandbesuch – auf eine kleine Wandertour in den New Territories zu gehen. Die ganze Zeit hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt und die Berge.
Da Lupo und ich am nächsten Tag mal etwas anderes unternehmen wollten, entschieden wir uns, in einen Freizeitpark in der Stadt zu fahren. Der „Ocean Park“ ist eine Mischung aus Jahrmarkt, Zoo und überdrehter, bunter, asiatischer Traumfabrik. Es war eben mal etwas völlig anderes. Gemischte Gefühle hatten wir mal wieder, als wir uns die Tiere anschauten. Der Park lockt besonders viele Besucher mit den zwei Pandas an, die dort ihr Dasein fristen. Es ist wirklich nicht meine Welt, mir so etwas anzugucken und es ist für mich unverständlich, warum Asiaten so sehr darauf stehen, sich Tiere in Gefangenschaft anzuschauen.

Ocean Park

Ocean Park

Ironisch ist es zudem, da der Buddhismus (dem der überwältigende Teil der Bevölkerung zuzuordnen ist) an Reinkarnation und Wiedergeburt glaubt. Tiere in Gefangenschaft, so ist meine Schlussfolgerung, wären demnach unsere Version von Gefängnisinsassen. Buddhisten, die aufgrund ihres Verhaltens im früheren Leben als Tiere wiedergeboren wurden. Vielleicht ist es nur meine Meinung, aber ich würde als Buddhist dann nicht losziehen und meine als Panda wiedergeborene Oma einfangen und in den Ocean Park hinter eine Glasvitrine sperren.
Eine weitere Hauptattraktion ist das im Park befindliche größte Salzwasseraquarium der Welt (wieder gleiches Problem wie oben). Trotzdem muss ich zugeben, dass es schon beeindruckend war, all diese Fische aus der Nähe beobachten zu können.

Das Aquarium

Das Aquarium

Am Dienstag fuhren Lupo und ich mit der Schnellfähre rüber nach Macau (ein Sonderverwaltungsgebiet der VR China, aber theoretisch ein eigenständiger Staat). Macau ist vor allem als „Las Vegas Asiens“ bekannt. Tatsächlich wird hier mehr Geld verspielt als in dem amerikanischen Original. Erklären ist dies mit der ausgeprägten Leidenschaft der Asiaten für Glücksspiel. Es ist zudem gesellschaftlich vollkommen anerkannt, zu spielen, da das Streben nach Glück und Reichtum Pfeiler der asiatischen Kultur sind.
Lupo und ich bereiteten uns mit einem angemessen Dinner (Smirnoff pur und Instant-Nudelsuppe) auf den zu bestreitenden Abend vor. Wir klapperten einige Casinos ab und wir machten sogar einen stattlichen Gewinn, den ich hier aber nicht genauer beziffern werde.

Vorbereitung auf den Abend

Vorbereitung auf den Abend

Casino-Hopping in Macau

Casino-Hopping in Macau

Gefeiert wurde unser Triumph natürlich ausgiebig. Im 18. Stock des „Golden Dragon Casinos“ gab es ein geeignetes Etablissement, in das wir uns einkauften und dafür freies Essen, freie Getränke, freie Sauna und freien Zugang zum Swimmingpool hatten. Für chinesische Mafiosi (die zahlreich zugegen waren) oder interessierte Europäer (zu denen wir natürlich nicht gehörten) gab es außerdem eine ansehnliche Auswahl an Mädels, die sich alle artig um den Pool versammelten. Es war im Grunde Dekadenz pur und ich fühlte mich ein wenig fremd, aber ich ließ mich einfach mal darauf ein und hatte zusammen mit Lupo einen der witzigsten Abende meines Lebens.
Am Mittwoch ging es dann zum Pferderennen, einer weiteren Leidenschaft der Bevölkerung hier und auch wir ließen uns natürlich nicht lumpen und waren ein Teil davon. Auf dem Foto Lupo beim lässigen kalkulieren seiner Gewinnchancen.

Lupo beim Pferderennen

Lupo beim Pferderennen

Am heutigen Tag dann der „Schicksalsschlag“: Aus unerfindlichen Gründen beschloss mein Hostelbesitzer, dass er mir meine Zelle nicht mehr für 150 HKD pro Tag vermieten konnte, sondern den Preis gut verdoppeln müsse. Für 30€ die Nacht ist das Zimmer aber definitiv außerhalb meines Budgets – trotzdem wäre es genauso unmöglich, ein billigeres zu finden. 150 HKD waren echt der Deal des Jahrhunderts, Hongkong ist einfach unfassbar teuer. Ich stand also davor, für die restlichen vier Nächte obdachlos zu sein.

Hier schließt sich jetzt also der Kreis und die Geschichte, dass ich mir mit einem Italiener das Bett teile, ergibt einen Sinn: Nachdem ich Lupo die Story erzählte, fackelte er dankenswerterweise nicht lange. Ich bestand darauf, ihm den symbolischen Preis von 150 HKD pro Nacht zu bezahlen und nun wohne ich also im Hotel „The Cityview“, wo das Zimmer Fenster und der Toilettenkasten eine Abdeckung hat. Wo die Dusche einen nicht in Schüben verbrennt oder kälteschockt und wo es eine richtige Lobby gibt, anstatt eines zwielichtigen Tunnelsystems, in dem gefühlt tausende Inder versuchen, ihr Essen, ihre SIM-Karten, gefälschte Uhren, jegliche Form von Droge oder Sexspielzeuge zu verkaufen.

Ich hatte hier wirklich eine tolle Zeit und ich möchte (auch wenn er es wahrscheinlich nicht lesen wird) noch einmal Lupo danken, der maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass ich hier so eine tolle Zeit habe. Ich freue mich schon, ihn in Rom wiederzusehen, denn er hat mir angeboten, mein 3-monatiges Praktikum, das ich während meines angestrebten Medizinstudiums machen muss, in seinem Krankenhaus in Rom zu absolvieren und in der Zeit in seinem Haus zu wohnen. Ich hoffe, ich kann mich für die Gastfreundschaft irgendwann mal erkenntlich zeigen.
Sonntag fliege ich dann schließlich nach Alice Springs. Die restliche Zeit hier in Hong Kong werden Lupo und ich wohl mit Feiern (das Wochenende steht ja vor der Tür) verbringen. Donnerstag geht es noch nach Shenzhen, einer weiteren Sonderverwaltungszone Chinas. Das nächste Mal werde ich mich aller Voraussicht nach aber erst aus dem roten Herz Australiens melden. Ich blicke auf eine tolle Zeit in Asien zurück. Ich werde defintiv zurückkommen!

Peace!

Peace!